Was wir tun

Obsorge Jetzt!

Nachdem unbegleitete geflüchtete Kinder in Österreich angekommen sind und einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, werden sie zunächst in Einrichtungen des Bundes untergebracht, bevor sie in geeignete Jugendquartiere der Länder überstellt werden. Die Unterbringung in den Bundesbetreuungseinrichtungen sollte eigentlich nur wenige Tage bis wenige Wochen dauern, bis die Zuständigkeit Österreichs für das Asylverfahren geklärt ist. Da die Bundesländer aber zu wenige Unterkunftsmöglichkeiten für unbegleitete geflüchtete Kinder bereitstellen, kommt es in den Einrichtungen des Bundes zum Stau! Im Jahr 2022 war die durchschnittliche Wartedauer 131 Tage, also über 4 Monate, wobei der Durchschnitt einen verharmlosenden Wert darstellt, da einige Kinder und Jugendliche 6 Monate und länger in den Bundeseinrichtungen verbringen mussten. Für eine altersadäquate Unterbringung und Betreuung sind diese Einrichtungen nicht ausgerichtet.
Doch eigentlich ist es unerheblich, ob es nun 4 oder 6 Monate sind, weil ein Kind oder Jugendlicher niemals ohne eine obsorgeberechtigte Person und ohne altersgerechte Betreuung sein sollte.

Um diese unhaltbare Situation in den Fokus zu rücken und für die Kinder und Jugendlichen eine Verbesserung zu bewirken, habe sich die NGOs, die im mit unbegleiteten geflüchteten Kindern arbeiten, zusammengeschlossen und in den Kindern und Jugendlichen in den Bundesbetreuungseinrichtungen Korneuburg, Mariabrunn, Traiskirchen, Finkenstein und Steyregg Beratungen zum Thema Obsorge angeboten und sie bei einer Antragstellung zur Übernhame der Obsorge durch die Kinder- und Jugendhilfe unterstützt und begleitet.

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Unabhängiges zivilgesellschaftliches Kindeswohlmonitoring

Der Bericht der Kindeswohlkommission hat bei der Veröffentlichung im Juli 2021 für Aufsehen gesorgt. Seit Jahren bekannte Missstände wurden detailliert aufgezeigt und eine Reihe von Empfehlungen abgegeben. Zwei Jahre nach der Berichtslegung sind kaum Veränderungen oder gar Verbesserungen erkennbar. Routinemäßig beschränken sich Asylverfahren auf die Nennung der Namen und Geburtsdaten von Kindern. Eine eingehende Prüfung des Kindeswohl findet selten statt. Einvernahmen von (unmündigen) minderjährigen Kindern zählen zu den Ausnahmen.

Angesichts von mehr 12 Jahren Kinderrechte in der österreichischen Verfassung ist es an der Zeit Lücken im Bereich der Implementierung der Asyl- und Fremdenrechtsgesetze zu schließen und Missstände in der Verwaltung aufzugreifen. Der Bericht der Kindeswohlkommission hat bewusst den Fokus auf den Asyl- und Fremdenrechtsbereich gelegt, da hier kumulativ eine Vielzahl an Rechtsverletzungen existieren. Die Missstände im Kinderrechtsbereich von geflüchteten Minderjährigen sind vielfältig. Die überfüllte Bundesbetreuung mit mehreren hundert wartenden Jugendlichen, die einen Quartierplatz benötigen würden, über Probleme im Obsorgebereich, sowie systematisch anmutenden Verletzungen der Rechte von Minderjährigen im Asyl- und Aufenthaltsverfahren bedürfen einer dringenden weiteren Bearbeitung. Gleichzeitig sind immer wieder Kinder von Abschiebungen betroffen, die im Inland aufenthaltsverfestigt sind und sorgen derartige Fälle angesichts der fehlenden Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen für Unverständnis und Unmut in der Bevölkerung.

Die temporär eingesetzte Kindeswohlkommission hat ihre Arbeit beendet, jedoch eine Weiterführung und Erweiterung der Tätigkeiten empfohlen. Aktuell besteht kein Commitment für die dauerhafte Implementierung einer Monitoring-Institution.

Unser Projekt „GFK – Gemeinsam für Kinderrechte. Zivilgesellschaftliches Kindeswohlmonitoring“ setzt sich zum Wohl der Betroffenen für ein permanentes Monitoring der Einhaltung ihrer Rechte ein. Es verfolgt primäre folgende Ziele:

  • Dokumentation von Rechtsverletzungen und Bericht hierzu
  • „Kinder-Schutzbrief“ bei unmittelbarer Gefährdung des Kindeswohls
  • Wissenschaftliche Analyse asyl- und fremdenrechtlicher Entscheidungen/Praxis
  • Ausarbeitung von Empfehlungen, Richtlinien und Gesetzesänderungsvorschlägen
  • Aufzeigen der Notwendigkeit einer kontinuierlichen Kindeswohlkommission

Dokumentation und Bericht

Praktisch täglich erhalten die nicht mehr aktiven Mitglieder der ehem. Kindeswohlkommission, Rechtsvertreter*innen von NGOs, Rechtsanwält*innen und zivilgesellschaftliche Akteure Berichte über Missstände im Bereich der Einhaltung der Kinderrechte. Das Projekt setzt sich daher zum Ziel eine koordinierte Plattform zu etablieren, die es ermöglichen soll, Verletzungen des Kindeswohls im Bereich des Asyl- und Fremdenrechts effizient zu kategorisieren, zu dokumentieren und aufzuzeigen. Zum Jahrestag der Veröffentlichung des Berichts der Kindeswohlkommission soll sowohl ein Resümee über Kindeswohlverletzungen gezogen werden, als auch der Stand der Umsetzung der Kommissionsempfehlungen dargestellt werden. Hierfür werden sich die ehem. Kindeswohlkommissionsmitglieder zur Verfügung stellen. Dr. Irmgard Griss, Dr. Ernst Berger und Dr. Helmut Sax haben bereits zugesagt.

„Kinder-Schutzbrief“ in akuten Situationen

In Akutsituationen soll eine rasche Prüfung durch eine Expertengruppe vorgenommen werden. Unter Mitwirkung der bisherigen Kommissionmitglieder und Beteiligung von Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Fachbereichen soll bei offensichtlichen Verfehlungen ein „Kinder-Schutzbrief“ ausgestellt werden, mit dem Ziel akute Kindeswohlgefährdungen zu stoppen und die Durchsetzbarkeit asyl- und fremdenrechtlicher Entscheidungen neuerlich zu prüfen. Durch die gute Vernetzung soll im Notfall schnelles Handeln ermöglicht werden, bevor ein Kind eine unrechtmäßige Abschiebung durchlaufen muss.

Wissenschaftliche Analyse

Die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts werden mit Zeitverzögerung im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) veröffentlicht. Die Refugee Law Clinic der Universität Wien wird aufgrund der besonderer Bedeutung das Thema Kindeswohlprüfung pro bono aufgreifen und im Rahmen ihrer Kapazitäten Entscheidungen vor dem Hintergrund des Berichts der Kindeswohlkommission nach rechtswissenschaftlichen Aspekten durchleuchten. Die Ergebnisse der Analyse sollen in den Resümee-Bericht zum Jahrestag der Veröffentlichung des Berichts der Kindeswohlkommission einfließen, sowie die systematischen Probleme bzw. punktuelle Mängel im Vollzug des Asyl- und Fremdenrechts darstellen.

Ausarbeitung von Gesetzesänderungsvorschlägen und Handlungsanweisungen

Das Projekt “GFK – Gemeinsam für Kinderrechte” wird prüfen, ob für zentrale Forderungen der Kindeswohlkommission politische Umsetzungsschritte eingeleitet wurden und vehement auf eine zeitnahe Umsetzung drängen.

Der Bericht der Kindeswohlkommission bemängelt u.a. die fehlende Erwähnung der Kindeswohlprüfung in den Asyl- und Fremdenrechtsgesetzen und fordert eine Verankerung eines Prüfungsmaßstabs für Kinderrechte. Die dafür nötigen Gesetzesänderungen sollen ausgearbeitet werden, sodass die Empfehlung der Kommission mit konkreten Vorschlägen im Parlament eingebracht werden kann. Der Bericht der Kommission moniert des Weiteren die fehlenden klaren Vorgaben zur Kindeswohlprüfung und verweist auf Schweden, bei welchem Behörden anhand strukturierter Handlungsanweisungen arbeiten. Vergleichbare Leitfäden für Österreich sollen wie bereits von der Kommission vorgeschlagen erarbeitet und Entscheidungsträger*innen zur Verfügung gestellt werden.

Forderung einer staatlichen Einrichtung

Ein zivilgesellschaftliches Projekt kann nur als vorübergehende Notmaßnahme verstanden werden. Es sieht sich als Zwischenlösung bis zu einer staatlichen Institutionalisierung einer permanenten Kindeswohlkommission die diese Aufgaben übernimmt. Der Kindeswohlkommissionsbericht verweist auf mehrere Best-Practice Beispiele, die als Vorlage herangezogen werden und zur Verbesserung der Situation geflüchteter Kinder in Österreich beitragen können.
Die Kindeswohlkommission wurde vom Bundesministerium für Justiz eingesetzt. Es besteht aktuell ein window-of-opportunity, durch konzentriertes Aufzeigen der Notwendigkeit eines Monitorings, eine tatsächliche permanente Einrichtung zu erwirken. Es muss gelingen das Thema eines permanenten Kinderrechtemonitorings zu einem gemeinsamen Regierungsprojekt zu machen.

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