Wir freuen uns über die schöne Auszeichnung unserer Arbeit!
Aus der Würdigung der Jury :”Das Projekt überlässt den Schutz der Kinderrechte nicht der Politik. Das starke Engagement für Kinderrechte im Kontext von Flüchtlingen ist einzigartig, ebenso wie die Methode. Das Projekt engagiert die Zivilgesellschaft, um dort einzugreifen und als Wächter zu fungieren, wo die Politik versagt. Mit einer starken Botschaft und der Fähigkeit, Bürger*innen für die Sache zu mobilisieren, verspricht es eine weitreichende Wirkung.“
Kindeswohl: Es ist noch sehr viel zu tun
Michael Häupl, und Irmgard Griss und die Plattform „Gemeinsam für Kinderrechte“ fordern umfassende und nachhaltige Berücksichtigung des Kindeswohls aller in Österreich lebender Kinder
Wien, 13. Juli 2022 – Vor einem Jahr stellte die Kindeswohlkommission ihren Bericht mit zahlreichen Empfehlungen vor. Zwar wurde in letzter Zeit immer wieder davon gesprochen, dass eine Vielzahl der Empfehlungen der Kommission umgesetzt worden sei. „Das ist nicht der Fall“, wie Irmgard Griss, Vorsitzende der ehem. Kindeswohlkommission betonte. „Umgesetzt wurden einzelne Unterpunkte aus den elf Bereichen – konkret drei Unterpunkte – und auch das nicht immer in der von uns vorgeschlagenen Art und Weise.“
„Es ist für das Kindeswohl in Österreich also noch sehr viel zu tun“, so das Resümee der heutigen Pressekonferenz des Bündnisses Gemeinsam für Kinderrechte.
Die meisten Empfehlungen nicht umgesetzt
Nicht umgesetzt wurde bislang die verpflichtende Anhörung der Kinder im Asylverfahren, so wie die Rechtsberatung auch für mündige Kinder, wie auch Rechtsanwalt Wilfried Embacher, betonte „Es gibt gravierende Mängel in der Rechtsprechung und Vollziehung des Asylrechts bei Kindern. So ist es beispielsweise nicht verständlich, dass Kinder in ihrem Asylverfahren nicht angehört werden“.
Ein weiteres Problem bleiben die im verglich zu anderen fremduntergebrachten Kindern, niedrigen Tagsätze für unbegleitete Kinder im Asylverfahren, wo sich ebenso wenig tut, wie bei der Empfehlung für Obsorge ab dem ersten Tag
Zentrale Forderung bleibt aber die Einrichtung eines ständigen Kindeswohlmonitorings. „Es braucht eine Institution, die permanent darauf schaut, ob die Rechte von Kindern in der Gesetzgebung und Vollziehung ausreichend berücksichtigt werden – und das betrifft alle Kinder, die in Österreich sind, also auch Kinder mit österreichischer Staatsbürgerschaft“, so Irmgard Griss.
Schutz durch Zivilgesellschaft
Vorgestellt wurde auch die Initiative der Plattform Gemeinsam für Kinderrechte Schutzbriefe für geflüchtete Kinder auszustellen denen die Abschiebung droht und deren Kindeswohl im Verfahren nicht ausreichend berücksichtigt wurde.
„Eine großartige Initiative“ nannte Michael Häupl, Präsident der Volkshilfe-Wien die Kinderschutzbriefe um Abschiebungen in Zukunft zu verhindern. Häupl appellierte an die Politik, in Österreich geborenen Kindern die Staatsbürgerschaft zu verleihen: „Das Kindeswohl betrifft alle Kinder – egal wo sie geboren sind.“ Der ehemalige Wiener Bürgermeister sprach sich auch entschieden gegen eine Unterscheidung von Flüchtlingskindern nach ihrem Herkunftsland aus.
Gezielte Ausgrenzung
„Die Politik verfolgt das Ziel der Ausgrenzung – das ist in der Rechtsprechung und Vollziehung im Asyl- und Fremdenwesen deutlich zu bemerken“, so Rechtsanwalt Wilfried Embacher, der unter anderem die abgeschobenen Schüler*innen Tina und Husein vertritt. Für Tina konnte dank eines starken sozialen Umfelds eine Wiedereinreise mittels Schülervisum erreicht werden. „Diese Vorgehensweise ist mit enormem Aufwand verbunden, auch ist nicht jedes Kind ist psychisch in der Lage ohne ihre Eltern hier zu leben. Es braucht daher tragfähige Lösungen für die Kinder während sie noch in Österreich leben“, so Wilfried Embacher.
In den letzten Monaten haben 26 Studierende der Refugee Law Clinic der Universität Wien gerichtliche Entscheidungen in Asylverfahren von Kindern analysiert. Das Ergebnis dieser ehrenamtlichen Tätigkeit liegt nun in Form eines Berichts vor: „Die Entscheidungen arbeiten überwiegend mit Textbausteinen ohne auf den konkreten Fall, das heißt die individuelle Situation des Kindes einzugehen“, so Sinaida Horvath von der Refugee Law Clinic und weiter: „Oftmals wird der Begriff ‚anpassungsfähiges Alter‘ als Entscheidungsgrund genannt, obwohl es dieses Kriterium eigentlich nicht gibt – auch hier ist eine Einzelfallbeurteilung geboten“. Der Bericht der Refugee Law Clinic ist hier abrufbar.
Erste Kinderschutzbriefe übergeben
Inzwischen wurden die ersten bei der Pressekonferenz angekündigten, Kinderschutzbriefe dem Innen-, Justiz- und Familienministerium übergeben. Die Schutzbriefe wurden von Mitgliedern der Kindeswohlkommission sowie dem international führenden Menschenrechtsexperten, Manfred Nowak unterzeichnet.
Die drei konkreten Fälle, für die nun wegen ihrer hohen Bisanz ausgewählt wurden, betreffen u.a. ein 13jähriges Mädchen, mit ihren Eltern im Zuge eines Dublin-Verfahrens nach Slowenien abgeschoben werden soll. Das Kind wurde auf Grund akuter schwerer psychischer Probleme in der Kinderpsychiatrie aufgenommen …
Auch bei den anderen beiden Fällen haben die Kinder – auch auf Grund ihrer Angst, in ein für sie fremdes Land abgeschoben zu werden, akute psychische Probleme. In allen Fällen liegen medizinische Befunde vor.